Wer die Diagnose „Krebs“ erhält, der erwartet mit Recht, dass sich die Experten bestmöglich miteinander abstimmen. Interdisziplinär ist das Stichwort. Das Stiftungsklinikum PROSELIS geht dabei über das übliche Maß weit hinaus: Insbesondere bei der Spezialisierung auf onkologische Therapien und den fachübergreifenden Teambesprechungen rücken die Experten noch enger zusammen. Wir haben dazu Prof. Dr. med. Dr. Matthias Heuer, Direktor der Chirurgischen Kliniken im Stiftungsklinikum PROSELIS gesprochen. Im Blickpunkt dabei: Bauchspeicheldrüsenkrebs, also die Pankreas-Chirurgie.
Herr Prof. Dr. Heuer, was bedeutet es für den Praxisbetrieb erstmal grundsätzlich, wenn Sie sagen, dass die Abteilungsstrukturen deutlich enger zusammenrücken?
Wir erfinden die Kliniken neu, aber nicht die Medizin. Ziel ist, dass wir noch abgestimmter zusammenarbeiten. Nicht jeder soll alles machen, wir brauchen Spezialisierung. Ein Beispiel: Wurde eine Leistenhernie früher nebenbei mitgemacht, gibt es heute spezialisierte Hernienzentren mit strengen Auflagen und speziell geschultem Personal. Wir sind kein Gemischtwarenladen mehr. Und bei einem Tumor ist die Problematik noch komplexer: Sie können nicht gleichzeitig Experte für die Leber und kolorektale Erkrankungen sein. Um ein individuelles Behandlungskonzept für jeden Patienten festzulegen, müssen Sie deshalb alle an einen Tisch holen.
Wie gelingt Ihnen das insbesondere bei Tumorpatienten?
Herzstück dieses Zusammenrückens und der Spezialisierung am Stiftungsklinikum Proselis ist die wöchentliche interdisziplinäre Tumorkonferenz, in der jeden Donnerstagvormittag 30, 40 Experten aus den verschiedensten Fachrichtungen von der Radiologie über die Internisten bis zu den Chirurgen zusammenkommen. Über eine mediale Anlage mit riesigen Bildschirmen werden hier auch Praxen von außen, Strahlentherapeuten, Onkologen zugeschaltet, um für ein abgestimmtes Vorgehen und schnelle Wege zu sorgen - ein absolutes Novum.
Brechen wir dies bitte mal runter auf eine Krebserkrankung, den Bauchspeicheldüsenkrebs, da Sie in der Pankreaschirurgie führend in der Region sind. Worum handelt es sich zunächst bei der Erkrankung?
Dazu hole ich mal ein bisschen aus: Die Bauchspeicheldrüse befindet sich im Oberbauch, nahe Magen, Zwölffingerdarm sowie Milz, und ist etwa zehn bis 20 Zentimeter lang. Ihre Aufgabe ist es mitunter, für die Verdauung notwendige Enzyme herzustellen. Im Pankreas entstehen täglich rund 1,5 Liter Pankreassaft - ein Sekret, das sich aus Wasser, Ionen und Verdauungsenzymen zusammensetzt. Diese Flüssigkeit gelangt über einen Ausführungsgang in den Dünndarm. Dort wird die Nahrung in die einzelnen Bestandteile aufgespalten, sodass der Körper diese anschließend weiterverwerten kann. Zudem produziert das Pankreas unterschiedliche Hormone, die den Zuckerstoffwechsel regulieren wie etwa Insulin. Verschiedene Bauchspeicheldrüsenerkrankungen gehen mit Schäden am Pankreas und seiner Funktion einher. Dazu gehören etwa akute und chronische Bauchspeicheldrüsenentzündungen (Pankreatitis) und das Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs). Jede dieser Erkrankungen kann Komplikationen mit sich bringen, die eine chirurgische Versorgung durch die Pankreaschirurgie notwendig machen.
Wie kommt die Pankreaschirurgie bei Ihnen zum Einsatz?
Bei einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse entfernt der Bauchchirurg das entzündete oder abgestorbene Gewebe. Damit es sich nicht weiter ausbreitet, wird eine Drainage gelegt. Dabei handelt es sich um einen Plastikschlauch, über den der Eiter und die Entzündungsflüssigkeit ablaufen können. Bei der chronischen Pankreatitis kann es erforderlich werden, dass der Viszeralchirurg den geschwollenen Kopfteil der Bauchspeicheldrüse bei einer Operation entfernt. Der Gang in der FOTO ADOBE STOCK Bauchspeicheldrüse, der die Enzyme zum Darm transportiert, wird dabei geöffnet und eventuelle Gallensteine entfernt. Anschließend wird ein Stück Dünndarm auf den Pankreasgang genäht. Dies ist nur der neue Zugangsweg für die Verdauungsenzyme.
Und bei Krebs?
Bei einem bösartigen Tumor der Bauchspeicheldrüse muss nicht nur der Bauchspeicheldrüsenkopf entfernt werden, sondern auch Teile des Dünndarms, die Gallenblase und eventuell Bereiche des Magens. Liegt der Tumor im sogenannten Bauchspeicheldrüsenschwanz, kann der Chirurg nur den linken Teil der Bauchspeicheldrüse entfernen, und manchmal gleichzeitig die Milz. Ist der Tumor allerdings zu groß und kann nicht mehr vollständig entfernt werden, ist das Ziel der Operation, die Beschwerden zu lindern. Dazu kann beispielsweise der Abfluss der Verdauungsenzyme und der Galle operativ sichergestellt werden. Zusammengefasst heißt das: Wir therapieren mit dem Ziel, Leben zu verlängern oder Lebensqualität zu verbessern. Das gemeinsam geteilte Expertenwissen, die anerkannte Kooperation auch mit anderen Krankenhäusern sowie die kurzen, schnellen Wege sind dabei unser Erfolgsrezept.