Gläserne Schranktüren? Für manche mag das nach einer Herausforderung vor allem an die eigene Ordnung klingen. Aber: Das geht und sieht obendrein toll aus. Es geht hier um einen ziemlich neuen Trend: Kleiderschränke mit transparenten Türen, die an Ausstellungsvitrinen in Museen und Kaufhäusern erinnern. Oder an den Buffetschrank für das gute Geschirr.
Oft sind diese Kleiderschränke groß und begehbar mit Türen und Wänden aus Glas. Aber auch kleinere Modelle mit nur durchsichtigen Schranktüren finden sich inzwischen im Handel. Mit klarem Zweck: „Hier präsentieren Sie Ihre Kleidung“, so Wolfgang Pöttker, Sales Manager vom Einrichter Noteborn bei einer Präsentation von Ankleidezimmern auf der Möbelmesse IMM Cologne. „Wenn Sie in diesem Schrank anfangen, die Pullover bis ganz nach oben zu stapeln - dann müssen wir reden.“
Der große Trend: Dekorieren statt aufräumen
Die gläsernen Schränke sind Teil eines größeren Trends. Das Ordnunghalten im ganzen Haushalt ist zu einem großen Thema der sozialen Netzwerke und Streamingdienste geworden. Und zur Faszination vor allem für jene, denen sie so schwerfällt. Denn mit neuen Produkten wie Falthilfen, flexiblen Abtrennwänden für Regale und Schubladen, Boxen und vielem mehr soll es nicht nur einfacher sein, Ordnung zu schaffen und zu halten. Der Schrankinhalt wird dadurch zum Ausstellungsstück. Und Aufräumen ist nicht mehr lästige Aufgabe, sondern Weg zum Dekorieren.
Schon längst können daher Kleiderschränke weit mehr als eben der Kasten sein, in dem Hosen und Pullis liegen und vielleicht auch mal nur reingeworfen werden. Befeuert von Ordnungscoaches wie Marie Kondo und TV-Serien über ihre Dienste in Haushalten, tauschen Menschen sich im Internet über Falttipps aus, mit denen sich Jeans, Shirts und BHs so drapieren lassen, dass jederzeit den perfekten Überblick hat.
Schon länger bietet der Handel alle Arten von Einsätzen für Schränke, die auch Armbanduhren und Gürtelschnallen präzise sortiert präsentieren. In klein unterteilten Boxen kann man jede einzelne Unterhose und Socke, sauber gerollt, in ein Fach stecken. Der nächste Schritt in diesem Trend könnten die gläsernen Türen und Vitrinen werden. Sie waren zumindest ein auffallendes Detail auf den Einrichtungsmessen Salone del Mobile in Mailand und der IMM in Köln. Zwar zeigen diese hier vor allem die hochpreisigen Ausstatter, die auf große begehbare Schränke setzen, aber auch die günstigeren Anbieter springen auf.
Andreas Rose kann den Trend nachvollziehen: „Für mich ist es einfach ein Erlebnis, in meinen ordentlich sortierten begehbaren Kleiderschrank zu gehen. Ich sortiere dort meine Kleidung nach bestimmten Themen“, sagt der Modeberater aus Frankfurt am Main. Gläserne Türen können da ein Vorteil sein: „Es kann jeden Morgen Zeit und Nerven sparen, denn man findet in großen Schränken so besser die passende Kleidung für den Tag oder das Lieblingsoutfit.“ Ihm allerdings falle es leicht, Ordnung zu halten. Sein Tipp: Lücken lassen. „Wenn man die Kleidung zu eng aufhängt oder jeden Zentimeter der Regale vollstopft, kann das schnell unaufgeräumt wirken. Vor allem aber hat man dann keinen Überblick über die eigene Garderobe“, sagt Rose.
Aufhängen wie im Bekleidungsgeschäft
Und: „Egal für welches Ordnungssystem man sich entscheidet, man sollte es konsequent durchziehen“, rät der Modeberater, der für seine Kunden ihre Kleiderschränke analysiert. Entweder sortiert man nach Modellen - also Hosen zu Hosen, Röcke zu Röcken, Shirts zu Shirts. Oder nach Themen wie zum Beispiel alle Bürooutfits nebeneinander, gefolgt von der Casual Wear, dann die Abendgarderobe. Alternativ kann man nach Farben sortieren.“
Sein Tipp: „Man hängt wie im Fashion Store alles auf - also Blusen, Hemden, Jacken, Shirts und die anderen Teile auf normale Bügel an eine Stange“, erläutert Rose. „Der Vorteil ist, dass man jedes Modell sofort identifizieren kann.“ Und wenn es dann doch (mal) nicht klappt mit dem instagramtauglichen, perfekt organisierten Kleiderschrank? Dann sollte man sich bewusst machen, dass so ein Kleiderschrank eben nicht mit einer gläsernen Wohnzimmervitrine mithalten muss, an der alle Bewohner und Hausgäste vorbeikommen und reinschauen. Denn meist steht er im Schlafzimmer, und was man zeigt und wie, ist wie der Inhalt auch - Privatsache.
„Denn wer geht schon in ein Haus und macht die Kleiderschranktüren auf?“, sagt Andreas Rose. „Das ist sehr intim. Da schlucken selbst manche meiner Kunden erst mal, wenn ich das tue.“ Text: dpa, Fotos: Kettnaker, Interlübke, Noteborn, Cabinet,